Unsere menschlichen Emotionen sollten bei der Betrachtungsweise des Infantizid oder auch Kronismus nicht zur Beurteilung herangezogen werden.
Der Titan Kronus, der nach einer griechischen Sage seine Kinder fraß, hat diesen Begriff geprägt.
Futtermangel, Stress durch Kämpfe und eine zu hohe Anzahl Nachwuchs bei Nahrungsknappheit, aber auch Krankheiten können bei den Störchen den Kronismus auslösen. Die Altvögel bemerken eine Schwäche und zu langsames Wachstum bei den betroffenen Küken, oder sie sind mit den vielen Küken und anderen äusseren Einwirkungen überfordert. Stress verursacht eine stark erhöhte Kortikosteron Ausschüttung, der Überlebensinstinkt unterdrückt den Fortpflanzungstrieb, eine Übersprunghandlung ist die Folge – Kronismus und Abwurf sichern das eigene Überleben und evtl. das der verbliebenen, stärkeren Jungstörche. Wir können nicht bestätigen, dass dies nur bei jüngeren, unerfahrenen Brutstörchen der Fall ist.
Infantizid ist in der Tierwelt verbreitet – Kronismus nennt man es, wenn damit Kannibalismus verbunden ist
Er kommt auch bei Säugetieren vor, der Infantizid bezeichnet das Töten des eigenen Nachwuchses durch die Eltern, Geschwister oder auch fremde Artgenossen, z.B. bei den Löwen und Bären oder dem Hecht, bei dem der kleinere Nachwuchs zum Nahrungsspektrum zählt.
Manche Störche töten den Nachwuchs durch Abwurf. Meist wird das Küken vorher geschüttelt und ist deshalb bereits tot, wenn es abgeworfen wird. Der Storch hat enorme Kraft im Schnabel, sehr kleine Küken können das nicht überleben. Ältere Jungstörche hingegen werden bei Nahrungsmangel und Herauswerfen aus dem Horst durchaus noch lebend unter dem Horst gefunden.
Welche Möglichkeiten haben Tiere, ihrem Nachwuchs zu helfen?
Katzen tragen ihre Jungtiere fort, wenn sie Gefahr wittern. Die Rotkopfgans simuliert sich als Opfer bei einem drohenden Angriff, während dessen schafft das Weibchen die Jungen in Sicherheit. Sie können bei Nahrungsknappheit einen Ortswechsel vornehmen. Vögeln ist dies nicht möglich. Bei Störchen schlüpfen oft 4-5 Jungtiere, die Aufzucht dauert fast 7 Wochen.
Hunger tut weh….
Nahrungsmangel während der Aufzucht stresst die Altvögel in unglaublichem Maß und löst Abwurf und Kronismus aus.
Es ist unsere Aufgabe, durch eine moderate an den vorhandenen Lebensraum orientierte “künstliche Ansiedlung”, diesen Stress und damit den Tod vieler Jungstörche, zu vermeiden.
Aber auch andere Arten von Stress können den Kronismus auslösen: Jede Störung am Brutplatz hat deshalb zu unterbleiben, wie z.B. Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe des Horstes, freilaufende Hunde oder auch Menschen, die unter den Horst gehen. Oft geschieht dies unwissend.